Aktivkohlefilter, die in Großräschen produziert werden (Bild: rbb)

Brandenburg Filter von "Purize": In Bayern unbeliebt - in Großräschen einer der größten Gewerbesteuerzahler

Stand: 07.05.2024 14:14 Uhr

Das Unternehmen Purize stellt Filter und Konsumutensilien für Cannabis her. Mit der Legalisierung der Droge wächst das ohnehin erfolgreiche Unternehmen noch weiter. Großräschen bietet dafür gute Bedingungen - anders als Bayern.

Die Maschinen in der Werkhalle sind Eigententwicklungen, Firmengründer Roberto Hunger ist deshalb vorsichtig - auch wenn der rbb zu Besuch kommt: "Entschuldigung, dass ich auch Sie teilweise bei den Maschinen nicht alles habe sehen lassen, aber wir haben halt internationale Patente", so Hunger. Die Maschinen sind die Lebensversicherung seines Unternehmens.
 
Das Unternehmen, um das es geht, heißt Purize, befindet sich in Großräschen (Oberspreewald-Lausitz) und ist überaus erfolgreich. Hier werden vor allem Aktivkohlefilter, Drehpapier und andere Utensilien hergestellt, die beim Konsum von Cannabis gebraucht werden. Seit der Teillegalisierung in Deutschland am 1. April ist der Erfolg des Unternehmens noch einmal deutlich gestiegen.

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Legalisierung in Deutschland sorgt für Rekordumsatz

Bis zu 100 Millionen der kleinen Röllchen fallen in Großräschen jährlich vom Band. Kiffer drehen die Filter in Joints ein. Dort filtern sie einen Teil der Schadstoffe im beigemischten Tabak heraus - gesund werden die "Tüten" dadurch allerdings nicht.
 
Das Geschäft von Purize boomt, seit der Cannabislegalisierung kann das Unternehmen auch in Deutschland größere Umsätze verbuchen. Im April habe es einen Rekordumsatz gegeben, so Firmengründer Hunger. "Das war der höchste Umsatz überhaupt in der Firmengeschichte", wie er sagt.
 
Zum genauen Umsatz macht Purize keine Angaben, es handele sich aber um mehrere Millionen. Und dabei setzt das Unternehmen auch auf Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein.

Firmengelände von Purize in Großräschen (Bild: rbb)

Firmengelände von Purize in Großräschen

Umweltbewusstsein als Teil des Konzeptes

Im Sortiment finden sich beispielsweise biologisch abbaubare Filter, als Verpackung werden auch wiederverwendbare Gläser benutzt. Ein großer Teil wird zwar noch immer in Plastikfolie verpackt, doch auch daran arbeitet das Unternehmen, wie Geschäftsführer Adrian Klett sagt. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut, ansässig ganz in der Nähe bei BASF in Schwarzheide (Oberspreewald-Lausitz), habe man eine biologisch abbaubare Folie entwickelt. "Allerdings, von der Entwicklung zur Serienreife gibt es noch einige Hürden zu nehmen", so Klett.
 
Die Erfolgsgeschichte von Purize ist auch ein Erfolg für die Stadt Großräschen. Dabei war die Ansiedlung eher Zufall. Hunger und Klett wollten nämlich nicht in erster Linie nach Großräschen, sondern hauptsächlich weg aus Bayern, wo das Unternehmen ursprünglich angesiedelt war.

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"Wirtschaftsförderung ist auch, wenn man Zufälle erkennt und organisiert"

"Man muss natürlich ganz klar sagen, dass unsere Branche in Bayern nicht unbedingt die Beliebteste ist", sagt Geschäftsführer Klett. Der große Wunsch lautete damals: "Raus aus Bayern". In Großräschen sei man wiederum mit offenen Armen empfangen worden. "Die Region ist noch nicht satt, die sieht sich auch im Strukturwandel", so Klett.
 
Großräschens Bürgermeister Thomas Zenker (SPD) bestätigt das. Purize sei mittlerweile einer der drei größten Gewerbesteuerzahler in der Stadt. Zenker nennt das Unternehmen einen "Hidden Champion" - mit einem speziellen Produkt und weltweitem Export, vor allem dorthin, wo Cannabis komplett oder zum Teil legal ist.
 
Wirtschaftsförderung sei auch, wenn man Zufälle erkennt und organisiert, erklärt Zenker. Das sei vor zehn Jahren, als Purize in die Seestadt kam, passiert. Man habe sich das Produkt und die Vision genau erklären lassen, sich kennengelernt und schließlich bei Bebauungsplänen und Infrastruktur unterstützt, so Zenker.
 
Der Bürgermeister gibt aber auch zu, es habe Fingerspitzengefühl gebraucht. Er sei selbst Nichtraucher und wisse, dass es Produkte, die mit Tabak oder gar mit Cannabis im Zusammenhang stehen, schwer haben können. So sei klar gewesen, dass es keine Werbung in Kindergärten geben dürfe, so der Bürgermeister schmunzelnd. Dennoch sei es spannend gewesen, sich damit zu beschäftigen. Heute, sagt Zenker, ist er stolz auf die Firma - und fügt hinzu: "Was sie tun, ist absolut legal."

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Internationale Kooperationen

Purize setzt dabei auf modernes und intensives Marketing. Bekannte Musiker gehören beispielsweise zu den Werbepartnern des Großräschener Unternehmens. "Für uns ist jetzt der Punkt, dass wir international denken müssen. Deshalb starten wir Kooperationen mit Mike Tyson", sagt Hunger. In Italien wiederum werde man in Kürze eine Zusammenarbeit mit dem populären Rapper Sfera Ebbasta beginnen.
 
Großräschen selbst wird allerdings durch den "Hidden Champion" in der Stadt nicht populärer, vermutet Bürgermeister Thomas Zenker. Purize wiederum habe sich durchaus einen Namen gemacht. "Meine eigenen Kinder sind Studenten in Dresden und sagen immer, keiner kennt Großräschen, aber Purize kennen die ganzen Kolleginnen und Kollegen."
 
Das Unternehmen wiederum ist wegen all des Erfolgs nicht bescheidener geworden. Das erklärte Ziel: Weltmarktführer.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 07.05.2024, 19:30 Uhr